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Richtlinie zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens nach § 13 AGG

Vom 14. März 2024

(GVM 2024 Nr. 1 S. …)

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Gemäß § 13 Absatz 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) haben Beschäftigte das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs, des Unternehmens oder der Dienststelle zu beschweren, wenn sie sich im Zusammenhang mit ihrem Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitgeber, von Vorgesetzten, anderen Beschäftigten oder Dritten wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt fühlen. Die Beschwerde ist zu prüfen und das Ergebnis der oder dem beschwerdeführenden Beschäftigten mitzuteilen. Informationen über die für die Behandlung von Beschwerden nach § 13 AGG zuständigen Stellen sind gemäß § 12 Absatz 5 AGG in der Dienststelle bekannt zu machen.
Zur Umsetzung erlässt der Kirchenausschuss folgende Richtlinie:
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I. Grundlagen und Gegenstand der Richtlinie

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zielt darauf ab, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“ (§ 1 AGG). Arbeitgebende sind daher gemäß § 12 AGG zu verschiedenen (präventiven) Schutzmaßnahmen gegenüber ihren Beschäftigten verpflichtet. Dazu gehört neben der Schulung von Beschäftigten zur Verhinderung von Benachteiligungen und dem Ergreifen von Maßnahmen bei erfolgten Benachteiligungen auch die Benennung einer Beschwerdestelle zur Durchführung eines Beschwerdeverfahrens wegen Benachteiligung gemäß § 13 Absatz 1 Satz 2 AGG. Die vorliegende Richtlinie soll sicherstellen, dass entsprechende Beschwerden niederschwellig aufgenommen und gemäß den Bestimmungen und der Zielrichtung des Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes bearbeitet werden.
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II. Einrichtung einer Beschwerdestelle

  1. Allgemeines
    In der Bremischen Evangelischen Kirche ist eine AGG-Beschwerdestelle (im Folgenden „Beschwerdestelle“) eingerichtet, die für die Behandlung von Beschwerden nach § 13 AGG zuständig ist. Die Beschwerdestelle fungiert als Anlaufstelle für alle in der Bremischen Evangelischen Kirche Beschäftigten im Sinne von § 6 Absatz 1 AGG unabhängig davon, ob eine Zentralanstellung oder eine Anstellung durch eine Gemeinde besteht.
  2. Aufgaben der Beschwerdestelle
    Die Aufgaben der Beschwerdestelle sind das Management und die Dokumentation von Beschwerden im Sinne des § 13 Absatz 1 AGG nach Maßgabe dieser Richtlinie. Die Beschwerdestelle ist dazu mit einem entsprechenden Mandat des Kirchenausschusses ausgestattet. Die Beschwerdestelle hält Kontakt mit der jeweiligen Leitung, der MAV, der Meldestelle für sexualisierte Gewalt, der Fachstelle Inklusion, der Schwerbehindertenvertretung und der Gleichstellungsstelle. Sie berichtet einmal jährlich anonymisiert an den Kirchenausschuss.
  3. Zusammensetzung und Ausgestaltung der Beschwerdestelle
    Die Beschwerdestelle soll mit mindestens zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts besetzt sein. Die Vertretung weiterer Vielfaltsmerkmale ist wünschenswert. Der Zugang zur Beschwerdestelle soll möglichst niedrigschwellig sein: Die Räume sollen barrierefrei sein, personell soll die Beschwerdestelle möglichst neutral besetzt werden (z. B. Vermeidung von Abhängigkeiten im System oder Interessenskonflikten). Die Arbeit der Beschwerdestelle soll regelmäßig evaluiert werden.
  4. Bekanntgabe von Informationen
    Die Existenz und Arbeit der Beschwerdestelle wird unter den Beschäftigten in geeigneter Weise bekanntgemacht.
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III. Beschwerdemanagement

  1. Allgemeines
    Beschwerdebefugt sind alle Beschäftigten, die sich aus einem in § 1 AGG genannten Grund benachteiligt fühlen. Beschwerden können direkt bei der Beschwerdestelle oder bei Vorgesetzten / anderen Anlaufstellen (z. B. MAV, Fachstelle Inklusion, sonstige unter II. Nr. 2 genannte Stellen) eingereicht werden. Im zweiten Fall leiten die Vorgesetzten / Anlaufstellen die Beschwerde an die Beschwerdestelle weiter. Die Beschwerde ist an keine bestimmte Form und Frist gebunden. Sollen jedoch Ansprüche nach § 15 AGG geltend gemacht werden, muss die Beschwerde schriftlich oder zur Niederschrift in der Beschwerdestelle erfolgen und die gesetzliche Ausschlussfrist von zwei Monaten für einen in Betracht kommenden Anspruch auf Schadenersatz oder Entschädigung beachtet werden.
  2. Schritte des Beschwerdemanagements
    Die Beschwerde wird von der Beschwerdestelle entgegengenommen und geprüft. Der Sachverhalt muss mit sämtlichen der Arbeitgeberin bzw. der Beschwerdestelle zur Verfügung stehenden Mitteln aufgeklärt werden. Die betroffenen Parteien müssen angehört werden. Ein mehrstufiges Beschwerdeverfahren wird angewandt:
    a.
    Vertrauliche Erstberatung
    Eine Person wendet sich an die Beschwerdestelle und schildert ihr Anliegen. Die Beschwerdestelle informiert über das Verfahren und ggf. relevante Fristen. Es wird eruiert, ob die betroffene Person eine Beschwerde nach dem AGG einreichen möchte oder ihr Anliegen auf anderem Weg weiterbearbeiten möchte. Die Beschwerdestelle nennt ggf. alternative Anlauf- und Unterstützungsangebote. Es sind auch mehrere Gespräche möglich. Die Beschwerdestelle gewährleistet einen vertraulichen Rahmen dieser Erstberatung. Ihre Mitarbeitenden unterliegen insoweit nicht der Meldepflicht nach § 8 der Richtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Schutz vor sexualisierter Gewalt.
    b.
    Formale Beschwerde
    Die beschwerdeführende Person reicht eine formale Beschwerde ein. Wenn die Beschwerde den Bereich sexualisierter Gewalt betrifft oder sich im weiteren Verlauf des Verfahrens herausstellt, dass dies der Fall ist, informiert die Beschwerdestelle die Meldestelle für sexualisierte Gewalt und stimmt das weitere Vorgehen mit ihr ab.
    c.
    Klärung des Sachverhalts
    Die Beschwerdestelle klärt den Sachverhalt mit allen zur Verfügung stehenden (Beweis)Mitteln (Prüfpflicht).
    d.
    Prüfung einer Benachteiligung
    Die Beschwerdestelle bewertet, ob ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt.
    e.
    Beteiligung der Arbeitgeberin
    Die Beschwerdestelle informiert die Arbeitgeberin über die Ermittlungsergebnisse und ihre Einschätzung des Falls. Die Arbeitgeberin entscheidet selbst abschließend über das Ergebnis der Prüfung.
    f.
    Mitteilung des Ergebnisses
    Die Beschwerdestelle teilt der beschwerdeführenden Person das Ergebnis der Prüfung mit (Ergebnismitteilungspflicht).
    g.
    Handlungsempfehlungen
    Die Beschwerdestelle empfiehlt der Arbeitgeberin angemessene, verhältnismäßige Interventionen. Hierzu kann der Kontakt mit weiteren Personen gesucht werden. Dabei ist der Kreis der involvierten Personen so klein wie möglich zu halten.
    h.
    Entscheidung über Maßnahmen
    Die Arbeitgeberin entscheidet über die Umsetzung entsprechender Maßnahmen und begründet ggf., warum der Empfehlung nicht gefolgt wird.
    i.
    Information der Beschwerdestelle
    Die Arbeitgeberin informiert die Beschwerdestelle über die Umsetzung von Maßnahmen.
    j.
    Sonstige Empfehlungen
    Wenn kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt, könnte trotzdem ein Konflikt oder ein Verstoß gegen die Leitlinien für partnerschaftliche Zusammenarbeit vorliegen. Dann sollen Konfliktlösungsstrategien empfohlen und umgesetzt werden.
  3. Dokumentation der Beschwerde
    Die Beschwerdestelle dokumentiert die Beschwerde. Dokumentationen werden bei der Beschwerdestelle aufbewahrt und werden nicht der Personalakte zugefügt. Vor allem in der Personalakte der beschwerdeführenden Person darf wegen des Maßregelungsverbots nichts dokumentiert werden.